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Grauwaltour – Lopez Mateos

Aus Wale.info

Version vom 8. Mai 2008, 17:31 Uhr von Mario (Diskussion | Beiträge)
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Baja California: Grauwaltour – Lopez Mateos

30. März

Grauwaltour – Lopez Mateos

Schwimmwesten an und dann ab ins Boot. Oder besser gesagt in zwei Boote, denn die bieten mit 5 Metern Länge gerade mal Platz für 6-8 Personen. 5 Meter lange Boote! Winzig, wenn man bedenkt, dass Grauwale eine Länge von bis zu 18 Metern erreichen. So ganz geheuer war uns das nicht, immerhin sind Grauwale auch unter dem Namen 'Devilfish' (Teufelsfisch) bekannt. Zum Schutz ihrer Jungen sollen die Weibchen schon ganze Boote zerschmettert haben – zu Zeiten des Walfangs allerdings. Heute sind die Riesen bei Touristen vor allem beliebt, weil sie oft ganz nah an die Boote heranschwimmen und sich streicheln lassen. Wenn man denn das Glück hat, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Unser Reiseleiter hatte uns am Abend zuvor schon darauf vorbereitet, dass die meisten Wale bereits weiter nach Norden gezogen waren und die Chancen auf gute Walbeobachtung hier eher gering seien. Kurzum benannte er unsere Grauwaltour einfach in Naturbeobachtungstour um und ließ den Skipper überall stoppen, wo es Natur gab. Mangroven, Fregattvögel und Reiher sind zwar nicht uninteressant. Aber … Könnten wir nicht noch ein bisschen suchen, vielleicht haben wir Glück …?

Ja, wir hatten Glück! Da! Eine Grauwalmutter mit Kalb! Die letzte? Es hatte fast den Anschein, denn die beiden waren von mehreren Booten regelrecht umzingelt. Unser Skipper entschied, sich nicht auch noch dazuzugesellen. Sehr vernünftig, leider die Ausnahme. Regulierungen zum Whale-Watching gibt es in Lopez Mateos zwar, aber die Einhaltung wird nicht wirklich kontrolliert. So waren auch an diesem Tag die meisten Skipper wohl mehr auf ihr Trinkgeld bedacht.

Trinkgeld wird in Mexiko groß geschrieben und bei so ziemlich jedem Service erwartet. In Restaurants sollte man ungefähr 15 % Trinkgeld einplanen, gleichfalls beim Frühstück, das im Preis inbegriffen ist, sowie für die Reinigung des Zimmers immer ein paar Pesos liegen lassen. Bei den Whale-Watching-Touren scheinen die meisten Touristen leider nach dem Motto zu handeln: 'Je mehr Berührungen, desto mehr Trinkgeld'. So herrschte bei den zwei zutraulichen Walen das totale Chaos. Jeder Skipper versuchte, so dicht wie möglich zu kommen und entging einige Male nur knapp einem Zusammenstoß mit anderen Booten oder den Walen.

Doch wir zogen erst einmal weiter. Und gar nicht weit entfernt erschien auch schon der nächste Wal; Mutter oder Jungtier? So groß, das muss die Mutter sein, waren wir uns ganz sicher – bis kurz darauf wirklich die Mutter auftauchte. Wahnsinn! Der Unterschied war nun ganz deutlich zu sehen, denn die Mutter war fast dreimal so groß wie das Kalb. Wir waren begeistert! Aber irgendwie schienen die Wale unsere Begeisterung nicht zu teilen – zu wichtig waren die Schwimmübungen. Ende März war es schließlich höchste Zeit, langsam den 10.000 km langen Weg zu den Nahrungsgründen im Norden in Angriff zu nehmen.

Man muss sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 10.000 km zwischen Nahrungs- und Paarungsgründen. Wanderungen sind bei den Bartenwalen zwar ganz normal, jedoch halten die Grauwale eindeutig den Rekord. Den Sommer verbringen die Tiere in den nährstoffreichen Polargebieten in der Beringstraße. Da kaltes Wasser mehr gelöste Gase enthält als warmes und die Sonne im Sommer dort bis zu 24 Stunden scheint, steht viel Kohlendioxid für Photosynthese zur Verfügung, die rund um die Uhr betrieben werden kann. Algen (das sogenannte Phytoplankton) gibt es zu dieser Zeit en masse – Futter für das Zooplankton, wovon sich wiederum andere Meeresbewohner ernähren, auch Bartenwale. Wenn die Tage im Norden kürzer werden und die Photosynthese langsam zum Erliegen kommt, ziehen die Wale nach Süden. Allen voran die werdenden Mütter, gefolgt von den Bullen und anderen Weibchen. Normalerweise fressen die Wale während ihres Aufenthalts vor der Baja California nichts, weshalb sich die meisten Tiere schon bald wieder gen Norden aufmachen. Zurück bleiben die Walmütter, bis ihre Jungen fit genug für die lange Reise sind. Also heißt es: üben, üben, üben.

Nachdem wir noch weitere Wale bei ihrem Schwimmtraining beobachtet hatten, versuchten wir unser Glück letztendlich doch noch einmal bei den zutraulichen Walen vom Anfang der Ausfahrt. Inzwischen hatten einige andere Boote die Rückreise angetreten, sodass wir uns langsam nähern konnten. Das Jungtier – es war unglaublich – schwamm von einem Boot zum nächsten und streckte seinen Kopf aus dem Wasser, um sich tätscheln zu lassen. Wie ein junger Hund, der sich über Besuch freut. Plötzlich, was für eine Überraschung, tauchte der kleine Kerl direkt vor uns auf und schwamm am Boot herum, bis ihn jeder einmal berührt hatte.

Wollten sich die Wale verabschieden? Liebe Touristen, vielen Dank für Ihr Interesse und Ihr Geld. Es ist gut angelegt, denn so kommt hier wenigstens keiner mehr auf die Idee, uns abzuschlachten. Wenn es Ihnen gefallen hat, sagen Sie es weiter. Im nächsten Winter gastieren wir wieder in diesen Gewässern.

Man bekam tatsächlich den Eindruck, als wollten die beiden Wale das Trinkgeld für die Skipper sichern. Man fragt sich nur, zu welchem Zweck? Von anderen Gegenden ist bekannt, dass Delfine den Fischern beim Fischfang helfen, wobei für die Delfine auch immer etwas Fisch abfällt. Die Wale hier müssen hingegen noch acht geben, bei dem ganzen Chaos nicht von einer Schiffsschraube verletzt zu werden. Bleibt zu hoffen, dass sich in Lopez Mateos in Sachen Regulierung bald etwas tut.