Grönlandwal
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Systematik: Wale ‣ Bartenwale ‣ Glattwale ‣ Grönlandwal
Grönlandwal | |
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Daten | |
Größe: | 14 – 18 Meter |
Gewicht: | 60 – 100 Tonnen |
Nahrung: | kleinste Schwebkrebse |
Vorkommen: | arktische und subarktische Gewässer |
Bestand: | gefährdet |
Der Grönlandwal (Balaena mysticetus) ist ein bis zu 18 Meter langer Glattwal, der die arktischen und subarktischen Gewässer bewohnt.
Aussehen
Die äußere Erscheinung des Grönlandwals wird sehr durch seinen stark gebogenen Oberkiefer geprägt, der ihm sein charakteristisches gewölbtes Aussehen verleiht. Im Vergleich zum Körper ist der Kopf mit 30–40 % der Tierlänge sehr groß. Mit zunehmenden Alter verschiebt sich das Verhältnis weiter zugunsten des Kopfs. Der Unterkiefer ist deutlich breiter als der Oberkiefer. Die Augen befinden sich sehr tief nahe der Mundwinkel. Wie bei allen Bartenwalen sind die Blaslöcher paarig und sitzen auf einer Erhebung am höchsten Punkt der oberen Wölbung.
Grönlandwale haben eine dunkelgraue bis schwarze Färbung und sind vor allem an einem cremefarbenen bis weißen Kehlfleck zu erkennen, auf dem sich eine Kette dunkler Punkte befindet. Bei Jungtieren kann sich der Fleck bis zum Bauch ausdehnen. Einige Tiere besitzen auch hellere Regionen am Schwanzstiel. Allgemein sind Jungtiere heller als erwachsene Tiere. Die Flipper sind verhältnismäßig klein und paddelförmig. Durch seine Größe sowie das Fehlen von Finne und Hautwucherungen ist der Grönlandwal leicht zu identifizieren.
Die bis zu 4,5 Meter langen schwarzen Barten sind die längsten unter den Bartenwalen. Die Barten stehen eng zusammen und haben an der Basis eine Breite von 5–10 % ihrer Länge. Die Anzahl ist individuell verschieden und schwankt zwischen 500 bis 700 (250–500 auf jeder Seite). Die Barten können zusammen ein Gewicht von über einer Tonne erreichen.
Vorkommen
] Grönlandwale leben ausschließlich in den kalten Gewässern der Arktis, vorwiegend an den Packeisgrenzen. Bekannte Aufenthaltsgebiete sind die Davis-Straße nördlich und westlich von Labrador, die Hudson Bay westlich von Alaska, sowie nordsibirische Gewässer.
Verhalten
Wie auch andere Bartenwale, fressen Grönlandwale hauptsächlich in den Sommermonaten in nährstoffreichen Gebieten. Während der Wanderungen im Frühjahr und Herbst nehmen die Tiere weniger Nahrung auf. Die Nahrung wird meist in mittleren Wasserschichten oder an der Wasseroberfläche durch die so genannte „Schöpfmethode“ aufgenommen. Es werden jedoch gelegentlich auch bodenlebende Organismen vom Meeresboden gefressen. Zur Nahrungsaufnahme schwimmen mehrere Wale manchmal staffelförmig in Formation, was eine Zusammenarbeit vermuten lässt.
Über die Fortpflanzung von Grönlandwalen ist nur wenig bekannt. Man vermutet, dass die Paarungszeit von Januar bis Mai ist. Geschlechtsreife Weibchen bringen vermutlich alle 3 bis 6 Jahre ein Kalb zur Welt. Die Tragzeit wird dabei auf 12–13 Monate geschätzt. Kälber sind bei der Geburt 4 bis 4,5 Meter lang.
Außer dem Menschen, haben Grönlandwale vermutlich nur den Schwertwal als Feind. In verschiedenen Berichten werden Angriffe von Schwertwalen geschildert. Oft wird nur die Zunge gefressen und der übrige Kadaver zurückgelassen.
Grönlandwale sind langsame Schwimmer, deren Wandergeschwindigkeit bei 3–5 km/h liegt. Es können aber auch Geschwindigkeiten von 9 km/h erreicht werden. Die übliche Tauchzeit liegt bei 3-12 Minuten, kann jedoch bis zu 31 Minuten betragen. Zwischen den Tauchgängen atmen die Wale in einer 1-2 minütigen Erholungsphase 4 mal ein und aus.
Häufig schwimmen sie unter Eis und durchbrechen es mit ihrem Kopf. Beobachtet wurde, dass bis zu 18 Zentimeter dicke Eisschichten durchbrochen werden konnten. Vermutlich können die Wale mit Hilfe von Lauten die Eisdicke abschätzen und so vermeiden, bei Wanderungen unter dem Eis in Gebiete zu geraten, die sie nicht mehr durchbrechen können.
Grönlandwale treten meist einzeln oder in kleinen Gruppen von 2 bis 4 Tieren auf. Bei Wanderungen oder der Nahrungsaufnahme kann es auch zur Bildung von größeren Gruppen kommen.
Bedrohung
Vermutlich gab es einst 5 unterschiedliche Populationen von Grönlandwalen. Die intensive Jagd durch den Menschen führte jedoch fast zur Ausrottung der meisten Bestände. 1931 wurde der Grönlandwal als erste Walart überhaupt vom damaligen Internationalen Völkerbund unter Schutz gestellt.
Auch heute noch dürfen pro Jahr von den in Alaska und im Nordosten Sibiriens beheimateten Eskimos einige Grönlandwale aus traditionellen Gründen gejagt werden. Diese Art Walfang nennt man auch traditioneller Walfang zum Eigenbedarf, besser bekannt unter der englischen Bezeichnung aboriginal subsistence whaling.
Auch wenn Grönlandwale relativ weit von landwirtschaftlich oder industriell genutzten Gebieten leben und ihre Nahrung am Anfang der Nahrungskette steht, droht ihnen Gefahr durch die zunehmende Förderung von Öl in den arktischen Gebieten. Wegen der teilweise sehr kleinen Populationen könnte schon ein einziger Unfall dramatische Auswirkungen haben.
Besonderheiten
Anhand alter Harpunenspitzen im Körper erlegter Wale konnte man feststellen, dass Grönlandwale weit älter als 100 Jahre werden können. Im Mai 2007 wurde in einem 45 Tonnen schweren vor Alaska erlegten Grönlandwal die Spitze einer Harpune gefunden, die um das Jahr 1890 auf den Wal abgefeuert wurde. Wissenschaftler schätzen das Alter dieses Wals auf 115 bis 130 Jahre.
Mittels molekularbiologischer Untersuchungen von Aminosäuren aus der Augenlinse wurde das Alter eines Tieres sogar auf 211 Jahre bestimmt.
Benennung
- Deutsch: Grönlandwal, Polarwal
- Wissenschaftlich: Balaena mysticetus
- Englisch: bowhead whale, Greenland right whale, Greenland whale, great polar whale, arctic whale, arctic right whale
Im Deutschen ist Grönlandwal die gebräuchlichste Bezeichnung. Polarwal ist heute weniger üblich. Im Englischen sind die Benennungen bowhead whaleund Greenland right whale zu bevorzugen. Bowhead bezieht sich dabei auf den stark gewölbten Schädel.
Quellen
- Handbuch der Säugetiere Europas, Band 6: Meeressäuger, Teil 1B: Wale und Delphine 2 , AULA-Verlag Wiesbaden ISBN 3-89104-560-3